Gelegenheitstäter aufgepasst!

 

So entstehen tödliche Unfälle an Tiefgaragentoren

 

Die DIN EN 12453 schreibt das Mindestschutzniveau für Tortechniker vor. Sie haben an Rollgittern insbesondere die Einzugstellen zu sichern. Was passieren kann, wenn Sicherheitsvorkehrungen durch eine mangelhafte Ausführung unterlaufen werden, zeigt auf erschreckende Weise dieser Schadensfall.

 

Es ist 16.30 Uhr an einem Frühsommertag irgendwo in Deutschland. Frank, Klara und Michael spielen im kühlenden Schatten der Tiefgarageneinfahrt. Klara steht unter der offenen Wabe des Tors, während die beiden Jungs an der Steuerung herummanipulieren und letztlich einen Öffnungsvorgang auslösen. ,,Halt dich unten fest, dann kannst du mit hochfahren", ruft Michael dem Mädel zu. Klara will nicht als feige dastehen und hängt sich an das auffahrende Tor. Eine Szene, die leicht am nächsten Tag mit der Schlagzeile ,,Tod in der Tiefgarage" überschrieben werden könnte.
Die Fachzeitschrift  sicht+sonnenschutz (Holzmann Medien GmbH & Co KG Bad Wörishofen) hat über derartige Unglücksfälle berichtet, die eintreten, wenn Dumme-Jungen-Streiche auf noch dümmere Montagefehler treffen.

 

Schadensbild
Der Abstand zwischen Lichtschranke und dem Behang des vorgefundenen Tors ist augenscheinlich zu groß. Der Kopf eines Kindes würde mühelos in diese Lücke passen. Was makaber klingt, hat im vorliegenden Fall ein umsichtiger Vater verhindert. Er beobachtete seine Kinder, wie sie mit den Buben und Mädchen aus der Nachbarschaft an der Einfahrt zur TG spielten. Dabei fiel dem technisch scheinbar nicht ganz unbedarften Mann auf, dass am drei Meter breiten und 2,20 Meter hohen Tiefgaragenrollgitter, das mutmaßlich aus Platzgründen außen montiert war, auf lebensgefährliche Weise geschlampt worden war.

 

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Grund: Die via Handsender zu öffnende Anlage verfügt zwar über die laut DIN EN 12453 zur Sicherung der Einzugstellen vorzusehenden Lichtschranken - aber wo?

 

Der verantwortungsvolle Vater, der schnell die katastrophalen Folgen realisierte, wenn sich ein Kind wie oft gesehen an dem Tor hochziehen lassen, von der Sicherheitseinrichtung wegen des zu großen Abstands nicht erfasst und in die Wickelwelle gezogen werden würde, informierte sofort die Hausverwaltung. Sein Appell, diesen lebensgefährlichen Mangel schnellstmöglich zu beseitigen, zeigte Wirkung. Der Gutachter bestätigte, dass die vorgesehene Distanz zwischen Lichtschranke und Behang hier bei Weitem überschritten wurde.

 

Hintergrund
Natürlich fertigen Antriebshersteller nicht für jede Einbausituation ein maßgeschneidertes Aggregat. Was wirtschaftlich nachvollziehbar ist, führt freilich bei unsachgemäßer Montage dazu, dass ein überdimensionierter Motor vollkommen ohne Probleme das Gewicht eines Kindes über die Welle mit hochzieht; lässt der Bub oder das Mädel nicht rechtzeitig los, wird der Körper im schlimmsten Fall also regelrecht mit aufgewickelt.

 

ln Zahlen heißt das:
Wenn eine 160-er Welle eine Leistung von 0,7 Kilowatt oder mehr erbringt, ist sie in der Lage, Lasten von bis Abstand zum Geschehen: Der gelbe Pfeil zeigt deutlich, dass die 50 Millimeter,
die die DIN EN 12445 für die Distanz zwischen Sicherheitsvorkehrung/Lichtschranke und Torbehang festlegt, erheblich überschritten wurden. Das kann Lebensgefahr bedeuten!

zu 250 Kilogramm zu ziehen. Setzt man für einen durchschnittlichen Tiefgaragenrollgitterbehang ein Eigengewicht von um die 150 Kilogramm an, bleibt auf jeden Fall ein ausreichend großes Delta, um ein Kind mitzutragen. Tatsächlich sind sogar Antriebe im Einsatz, deren Power Experten auf eineinhalb Kilowatt schätzen. Nach dem in diesem Fall fatalen Motto: Darf's auch ein bisschen mehr sein?

Hier war's zu viel, wie der hinzugezogene Gutachter schnell feststellte. Der überdimensionierte Antrieb in Verbindung mit den mangelhaft angebrachten Sicherheitsvorkehrungen hatte das Tor zur alltäglich lauernden Todesfalle werden lassen.

 

Schadensanalyse
lns Detail: Wo der Torbehang beim Hochfahren auf die Wickelwelle trifft, ist die Gefahr am größten. Fahren Kinder mit hoch, droht Lebensgefahr.

Hier kommt die DIN EN 12445 ins Spiel, die Tortechniker und Montagebetriebe zwingend zu beachten haben. Die Vorgabe beschreibt Prüfuerfahren, um das Funktionieren von Sicherheitsvorkehrungen wie Lichtschranken für den Ernstfall einem Test zu unterziehen. Und der geht so: Ein zylindrischer Prüfkörper mit einem Durchmesser von 50 Millimeter und aus Styropor oder Gummi, darnit er keine Schäden an der Anlage verursacht, ist am Torbehang anzubringen. Fährt das Tor auf Knopfdruck und gezogen von der Welle nach oben, muss der Prüfkörper von der Lichtschranke erfasst werden, die daraufhin den Betrieb stoppt. Wäre im vorliegenden Fall eine solche sicherheitstechnische Prüfung vorgenommen worden, der Prüfkörper wäre gnadenlos mit aufgewickelt worden; wie auf dem Foto zu erkennen, ist wie gesagt die Entfernung zwischen der Lichtschranke mit dem Rotlicht und dem Behang um ein Vilefaches zu groß, als dass die Sicherheitsvorkehrung wie vorgesehen reagieren könnte.

 

Lösung
Wer die Anlage montiert hat, braucht entweder dringend eine Weiterbildung und/oder bringt für derart sicherheitsrelevante Tätigkeiten viel zu wenig Praxiserfahrung mit. Dem Verantwortlichen vor Ort hätte auffallen müssen, dass eine Lichtschrnake wie hier ausgeführt praktisch keinen Sinn macht. Der Abstand zum Tiefgarargenrollgitterbehang hätte höchstens 50 Millimeter betragen dürfen. Das ist keine Erbsenzählerei, sondern kann im Ernstfall Leben retten. Wird die Sicherheitsvorkehrung zum nutzlosen Alibi, ist das Tor eine Zeitbombe, die jeden Tag hochgehen kann.
Deshalb: Im Zweifel sollten wie von der aktuellen nationalen Arbeitsstättenregel ASR A1.7 formuliert Sachkundige eine sicherheitstechnische Prüfung von kraftbetätigten Türen und Toren vornehmen; die Experten beurteilen die Funktionstüchtigkeit von Schutzeinrichtungen und stellen diese mithilfe geeigneter Messtechnik die z.B. den zeitlichen Kraftverlauf an Schließkanten nachweißt, sicher.

 

 

So sind Sie auf der sicheren Seite

 

Tortechniker sollten sich bewusst machen, dass ungeachtet aller funktionalen Aspekte eine funktionierende Sicherheitseinrichtung darüber entscheiden kann, ob ein Mensch zu Tode kommt. Dabei ist klar, dass Tiefgaragentore nicht dazuda sind, sich von ihnen in die Höhe ziehen zu lassen. Das ändert aber nichts daran, dass hier der ausführende Monteur für die Risiken, die von seiner Werkleistung ausgehen, mit in der Verantwortung steht.

Deshalb hat er den in der Norm bezeichneten Maximalabstand zwischen Lichtschranke und Behang einzuhalten. Unstrittig: Große, sechs bis sieben Meter breite, Anlagen schwingen, so dass unter Umständen die Sicherung den Normalbetrieb verhindern kann. Klarheit, um wie viele Millimeter der auf 50 Millimeter festgelegte Abstand bei ausreichender Torgröße nach oben korrigiert werden darf, bringt besagte sicherheitstechnische Prüfung.

Holen Sie sich also fachkundigen Rat, ehe Sie hier das eigene Augenmaß überstrapazieren. Dann sind TG-Tore, professionell montiert, ein lukratives und interessantes Aufgabenfeld - auch für Rollladen- und Jalousiebauer.

 

Dieser Artikel ist erschienen:
MEIßNER Toranlagen EXPRESS
Jahrgang 11 - Ausgabe 306 - Juni2011